Erste Europareise der Familie Mozart (1763-1766)
Leopold Mozart präsentiert seine musikalisch hochtalentierten Kinder an den Höfen Europas
In den Jahren zwischen 1763–1766 unternimmt die Familie Mozart ihre erste Europareise. Ausgehend von Salzburg, der Geburtsstadt Mozarts, reisen sie über Wasserburg, Nymphenburg (München) nach Augsburg, Ulm, Ludwigsburg, Schwetzingen, Mannheim, Worms, Frankfurt, Bonn, Aachen, Brüssel, Paris, London, Den Haag, Zürich, und wieder zurück nach Salzburg.
Etwa ein halbes Jahr, von Januar bis Juni 1763, nehmen die Vorbereitungen für diese, einer Weltreise nahe kommenden Europareise, in Anspruch. Leopold Mozart, der mit beachtlichen Reisekosten rechnete, plant diese Reise bis ins kleinste voraussehbare Detail. Der kleine Wolfgang übt sich während desssen fleißig an der Geige und in den Sprachen Französich, Latein, und Italienisch. Auch seine ältere Schwester „Nannerl“ widmet sich den erforderlichen Reisevorbereitungen. Schließlich sollte das musikalische Talent der Kinder, betreut vom hervorragenden Management des Vaters, die Haupteinnahmequelle dieser musikalischen Tour sein.
Der Diener Sebastian Winter wird zum Reisebegleiter auserwählt; er wird sich während der langen Reise um das leibliche Wohl der Familie Mozart kümmern.
Am 9. Juni 1763 ist es soweit. Die Familie Mozart tritt ihre große Reise an.
Salzburg, Wasserburg, München, Nymphenburg
Der Reiseweg führte die Familie zunächst über deutsches Gebiet. Im Hinblick auf die Kultur im Bereich Musik und Kunst, wirkte dieses Land auf Leopold Mozart nie so inspirierend, wie etwa das katholische Österreich, Frankreich oder Italien (Preußen war damals protestantisch). Der kreativen Sinnlichkeit des Barocks und Rokoko hat man sich hier nicht in dem Maße hingegeben, wie in den benachbarten Ländern. Trotzdem mußte auch Leopold die Städte Mannheim und München als wichtige Musikmetropolen des Nordens anerkennen. Ihren ersten Halt macht die Familie in Wasserburg. Ein kleiner Unfall, verursacht durch einen Wagenbruch an der Kutsche, zwingt die Mozarts zur Nachtherberge. Letztendlich benötigen die Reparaturarbeiten 2 1/2 Tage.
Leopold Mozart nutzt die Zeit, um seinem Sohn Wolfgang Amadeus in der hiesigen Kirche einige wissenswerte Elemente der Orgel zu erklären; besonders das Pedal der Orgel trifft das große Interesse des Jungen. W.A. Mozart gilt mit seinen 8 Jahren bereits als einer der besten Orgelspieler in Leopold Mozarts Bekanntenkreis.
Die Weiterreise führt die Mozarts in das benachbarte München. Von dem Aufenthalt der Mozarts informiert, lädt der Kurfürst die Familie zu einer Galatafel in seine Residenz in Nymphenburg. Kurfürst Maximilian III von Bayern hatte den kleinen Mozart bereits ein Jahr zuvor spielen gehört. Begeistert veranlasst er einen musikalischen Abend, an dem Mozart sein Können am Klavier und an der Geige demonstriert. Zudem beweißt er eines seiner größten Talente, die Fähigkeit des „Improvisierens“. Das Publikum ist begeistert. Unter den Gästen weilt auch der Vetter des Kurfürsten von Nymphenburg, Herzog Clemens von Bayern. Sein Empfehlungsschreiben wird für den Aufenthalt in Schwetzingen eine wesentliche Rolle spielen.
Augsburg
Der nächste Reiseaufenthalt findet in Augsburg statt. Die Mozarts steigen im Gasthof „Zu den drei Linden“ ab. Die Anreise aus München dauert einen ganzen Tag. Augsburg ist Leopold Mozarts Vaterstadt. Heute erzählen das Wohnhaus des Großvaters und Buchbindermeisters Franz Aloys Mozart und das Geburtshaus Leopold Mozarts von der berühmten Künstlerfamilie. Das Augsburger Lokalblatt „Avertissement“ verkündet die damalige Ankunft der sehr bekannten und gern gesehenen Familie. Die Kaiserlichen Geschichten über Wolfgang Amadeus Mozart am Hof in Wien haben auch Augsburg erreicht.
Die Familie besucht ihre Verwandtschaft und den befreundeten Musikverleger Johann Jakob Lotter, der im Geburtsjahr des kleinen Mozart 1756 Leopolds „Versuch einer gründlichen Violinschule“ in Druck brachte.
Mit großer Freude präsentiert Leopold Mozart seiner Großfamilie und den einstigen Jugendfreunden die außergewöhnliche Begabung seiner Kinder. Augsburg ist begeistert von den Kindern. Überraschend ist das Zusammentreffen mit dem italienischen Violinisten Nardini, der sich gerade zu dieser Zeit vom Würtenberger Hof beurlauben ließ. W. A. Mozart wird ihn während seiner Italienreise wiedersehen. Kurz vor der Abreise erwirbt Leopold Mozart bei dem angesehenen Klavierbauer Johann Jakob Stein ein Reiseklavier, damit die Kindern selbst während der Reisefahrt fleißig üben können. Nach insgesamt 15 Tagen Aufenthalt begeben die Mozart sich auf die Weiterreise nach Ludwigsburg.
Ulm, Ludwigsburg
Ein Zwischenstopp in Ulm reicht zeitlich gerade für die Besichtigung des Münsters von Ulm und einer Stadtrundfahrt. Einzig und allein die große Orgel des Ulmer Münsters, die von Johann Christoph Walther, dem Sohn des ersten deutschen Musiklexikographen, vorgeführt wird, faszieniert besonders Vater und Wolfgang. Mehr konnte Leopold dieser Stadt damals nicht abgewinnen und meint: „ein abscheulicher, altväterischer (...) abgeschmackter gebauter ort“.
In einer Tagesreise erreichen die Mozarts Ludwigsburg, den Sommerpalast des Hofes von Stuttgart. Doch auch hier verweilen sie nur kurze 2 Tage. Leopold Mozart schreibt über die Stadt in seinen Reiseaufzeichnungen Auffällig ist der kostspielige militärischen Aufwand, der die Stadt prägt und im Gegenzug die Armut gezeichnete Landbevölkerung und Nichtuniformierten. So befürcht die Familie selbst ihre Pferde an Hof und Militär zu verlieren. Doch nicht allein das Stadtbild enttäuscht die Mozarts. Herzog Karl Eugen von Würtenbegr bittet die Kinder nämlich nicht zum Vorspielen. Entrüstet verlassen sie am 14. Juli die Stadt. Leopold Mozart zeigte sich tief verärgert über das Verhalten dieses „kulturlosen“ Hofes, wie er ihn nennt; den Italiener Niccolò Jommelli hält er in dieser Sache für nicht ganz schuldlos. Ein mißtrauischer Zug, dem man im Konkurenzneid Leopold Mozarts, des sonst scharfblickenden Mannes, immer wieder begegnet.
Schwetzingen, Heidelberg, Mannheim
Nächstes Ziel ist die Sommerresidenz des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz in Schwetzingen (nahe Darmstadt). Empfehlungen der Prinzen von Zweybrücken und Herzog Clemens von Bayern, bringen den Mozarts die wichtige Einladung zu der Teilnahme an der Akademie im Schloß ein. Leopold ist begeistert von Orchester und seinen Musikern. Der Kleine Mozart begegnet hier zum ersten Mal den Musikgrößen Christian Cannabich, dem Konzertmeister, Johann Baptist Wendling, dem Pianisten und den Geigern Franz Anton Wendling, Johann Georg Manner und Ignaz Fränzl. Sie spielen für Wolfgang Amadeus Mozarts musikalischen Werdegang in späterer Zeit eine wichtige Rolle in der „Mannheimer Schule“.
Ganz Schwetzingen jubelt, als sie die Kinder spielen hören.
Die nächste Poststelle nennt sich Heidelberg. W. A. Mozart spielt in der Heiligen-Geist-Kirche in Heidelberg die Orgel. Unter den verzückten Kirchenbesuchern erscheint der Stadtdechant. Er bittet Leopold Mozart, Namen und Grund des Besuches zum ewigen Gedenken an die Orgel zu schreiben. So schreibt Leopold Mozart als Antwort für den Grund folgende Worte auf das Holz: „Weiterreise nach Mainz und Frankfurt . . .“
Die Weiterreise führt die Familie Mozart tatsächlich nach Mannheim. Leopold Mozart beschreibt seine Eindrücke von der Stadt in seinem Reisetagebuch.
Worms, Mainz, Frankfurt
Nach kurzem Aufenthalt in Heidelberg führt die Reise weiter Richtung Frankfurt.
Einem Zwischenstopp in Worms folgt die Weiterreise nach Mainz. Der Bischof und der Hof von Mainz genießen unter den Kunstbewanderten besonders hohes Ansehen. Als sich die Familie Mozart in Mainz aufhält, ist der Erzbischf krank. Die Kinder geben deshalb im „Römischen Kaiser“ ein einträgliches Konzert. Kurz darauf besteigt die Familie Mozart das Postschiff nach Frankfurt.
In Frankfurt geben die Kinder insgesamt fünf Konzerte, eines davon am 30. August 1763 im „Scharfischen Saal“ auf dem Liebfrauenberg. Dieses Konzert besucht auch Johann Wolfgang von Goethe. Er erinnert sich noch im hohen Alter an den kleinen Wolfgang Amadeus Mozart. Auch Leopold Mozart war der junge Goethe ins Auge gefallen. Als er sich über seine Herkunft informiert, gibt man ihm folgende Antwort: „Der Sohn kaiserlichen Rats.“ Leopold Mozart kündigt das letzte Konzert am Liebfrauenberg selbst in großen Tönen an. So verspricht er allen Musikfreunden ein Wolferl, das sich auf der Violine, am Klavier und auf der Orgel produzieren kann. Außerdem beewißt das kleine Musikgenie ein absolutes Gehör. Tatsächlich nennt Mozart dem Publikum blind am Klavier angeschlagene Noten, darüberhinaus die Töne von klingenden Gläsern. Das Konzert endete beinah barbarisch oder zirkusmäßig. Die Menschen klatschen und schreien vor Begeisterung. Aus Frankfurt kehrt die Familie Mozart noch einmal nach Mainz zurück, von wo sie ihre Konzertreise nach Wiesbaden, Biberich und Kostheim fortsetzen.
Über Wiesbaden, Biberich und Kostheim nach Bonn, Köln und Aachen
Über Wiebaden und Koblenz treffen die Familie Mozart schließlich in Bonn ein. Dort besichtigten sie das Schloß und die Kirche auf dem Kreuzberg.
Nach einer Stadtrundfahrt in Köln treffen sie in Aachen ein. Dort konzertieren der kleine Wolfgang und seine Schwester Nannerl zu Ehren der Prinzessin Amalie, der Schwester des König Friedrich II, die sich zu diesem Zeitpunkt ebenda zur Kur aufhält. Die Prinzessin bedankte sich im Überschwang und küßt den kleinen Jungen mehrmals; Leopold Mozart berichtet darüber in seinen Aufzeichnungen.
Als die Familie Mozart das deutsche Gebiet verläßt, zeigt Leopold sich sehr zufrieden über Erfolg und Einnahmen der bisherigen Reise. Wolfgang und seine Schwester Maria-Anna haben sich in die Herzen vieler einflußreicher Leute gespielt und die bisherigen Reisekosten konnten mit den Konzerteinnahmen allein größtenteils abgedeckt werden. Die Konzertreise hat sich gelohnt.
Brüssel
Die Fortsetzung der Reise führt die Familie nach Brüssel, in die Haupstadt der damals österreichischen Niederlande.
Leopold Mozart hat den Aufenthalt in dieser Stadt ebenfalls bestens vorbereitet. Konzerte waren in vorhinein organisiert und vereinbart worden. Doch wider allen Erwartungen muß Leopold Mozart geduldig sein, denn alle getroffenen Vereinbarungen werden von Prinz Karl Alexander von Lothringen, dem Bruder des Kaisers von Österreich, seines Zeichens Generalgouverneur, zu Leopolds Ärgernis erst nach einem Monat eingehalten. Leopold zeigte sich zunächst sehr besorgt, da er sich bezüglich der Abdeckung der Reisekosten immer abgesichert wissen wollte.
Trotzdem läßt Leopold Mozart keine Zeit ungenutzt verstreichen. So besichtigt er mit seiner Familie Kirchen und Kunstsammlungen; besonders fasziniert ist er vom Maler Rubens. Im Übrigen kann er wenig Gefallen an der Lebensweise der Holländer finden. Anfang November werden die Mozarts endlich zu einem Konzert im Palast aufgefordert. Der Hof ist begeistert und der Fürst honoriert die Kinder sehr großzügig.
Paris
Am 18. November 1763 erreichen die Mozart endlich das heißersehnte Paris. Wolfgang Amadeus Mozart nennt die Stadt später die „Haupstadt des Geschmacks und der Welt“. Der bayrische Diplomat Graf von Eyck, der mit der Tochter des Grafen Arco, Kammerherr des Erzbischofs Schrattenbach in Salzburg, verheiratet ist, lädt die Familie in seine Residenz. Die Gräfin ist vernarrt in die Kinder.Sie läßt ihnen sogar einen Flügel in ihr Zimmer bringen. Ein Empfehlungsschreiben an den Baron de Grimm von der Gattin eines der beiden Bankiers Johann Philipp oder Simon Moritz v. Bethmann aus Frankfurt, öffnet der Familie manche Tür. An die Unterstützung des Baron Grimm erinnert sich Leopold Mozart in seinen Briefen an die Familie Hagenauer mit großer Bewunderung und Dankbarkeit.
Am Weihnachtsabend des 24. Dezember 1763 folgt die Familie Mozart einer Einladung nach Versailles, eine große Ehre, die ihn hier zu Teil wird. Sie verbringen 14 Tage in Königlicher Gesellschaft. Den Höhepunkt ihrer Ankunft im Schloß bietet die Christmette, musikalisch umrahmt von einem Chor, der besonders Leopold tief beeindruckt.
Am Neujahrstag lädt der König die gesamte Familie zum Bankett. Der König von Frankreich, Ludwig XV und seiner Frau Maria Leszcyoska, Tochter des entthronten Königs Stanislaus von Polen sind äußerst angetan vom Liebreiz der Kinder. Die Königin selbst beherrschte die deutsche Sprache, sodaß sich die Famlie Mozart, besonders Leopolds Frau gut unterhalten konnte. Lediglich das Verhalten der Madame Pompadour enttäuscht den kleinen Mozart sehr, als er sich in seiner ungezwungenen kindlichen Art der Madame nähert um sie zu küssen und sie ihn zurückweist. W. A. Mozart reagiert entrüstet:“Wer ist die da, daß sie mich nicht küssen will. Hat mich doch die Kaiserin geküßt.“
An jenem Abend soll der König das Mahl plötzlich abgebrochen haben um den Kleinen Mozart in seiner Hofkapelle an der Orgel spielen zu hören. Ein Ereignis, daß für den weiteren Aufenthalt der Familie Mozart in Paris von großer Bedeutung ist. Denn die Tore in die große Gesellschaft stehen ihnen nun offen.
Der Adel wetteifert mit Einladungen um die Gunst der Mozartkinder.
Das königliche Dekret, daß öffentliche Konzerte ausschließlich im„Concert spirituel“ oder in der „Acadèmie royale de musique“ (Oper) aufgeführt werden dürfen, wird für die Mozartkinder aufgehoben. Offensichtlich waren die Kinder in Paris zu populär.
So konzertieren die Kinder beim engl. Botschafter, Graf von Bedford, ebenso bei Louis Francois Prince Conti, der selbst über eine der besten musikalischen Institutionen verfügte. Ihr gehören namhafte Musiker, wie Gossec, Symphoniker und Opernkomponist, der Cellosolist Duport und der Komponist Johann Schobert an. Baron Grimm sorgt dafür, daß Mozart im Saal des reichen und vornehmen Monsieur Felix, in dem sich ein kleines Theater befindet, das ausschließlich dem adeligen Besuch zu Verfügung steht, ein Konzert geben konnte. Das Konzert bringt Leopold gute Einnahmen, die der Familie Mozart letztendlich die Weiterreise nach London ermöglichen.
Als Wolfgang Amadeus Mozart in Paris mit dem Komponieren eigener Sonaten beginnt bietet sich für die Familie eine weitere willkommene Einnahmequelle. Der Einfluß der französischen und in Paris lebenden deutschen Musiker ist spürbar. Ende Januar 1764 zeigte sich bereits ein beachtlicher Erfolg. Vier Sonaten für klavier und Violine sind fertig und können gestochen werden. Bei einem zweiten Besuch im Schloß Versailles überreicht Wolferl der zweiten Tochter König Ludwig XV, Louise-Marie-Thérèsie de Bourbon (opus 1 / Menuett und Trio in G-Dur) und der Comtesse de Tessè, Hofdame der Kronprinzessin (KV 8 und KV 9/Opus 2 / Menuett in F-Dur) zwei davon.
Calais
Mitte April begibt sich die Familie Mozart auf die Weiterreise Richtung England. W. A. Mozarts Krankheit (schwere Angina) in Februar drohte diese Pläne zunächst scheitern zu lassen (Leopold Mozart hatte nämlich seine Kinder aus religiösen Gründen nicht impfen lassen) Im April brechen sie schließlich nach Calais auf.
Die Mozarts reisen weiter nach London
Der Diener Sebastian Winter beendet hier seine Dienste bei der Familie Mozart. Er folgte dem Angebot einer Anstellung am Hof des Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen. Ein Elsässer nimmt seinen Platz ein. Als die Mozarts in Calais ankommen mieten sie sich ein eigenes Schiff, deren Restplätze der geschäftstüchtige Leopold Mozart an weitere Passagiere vermietete. Am nächsten Tag, dem 23. April, erreichen sie London. Dort quartieren sie sich im Cecil Court (Cäcilienhof) ein. Vom König Georg III und Königin Charlotte (beide deutscher Herkunft) werden sie aufs Freundlichste begrüßt. Das Königspaar ist selbst sehr musikalisch. Die Königin spielte Klavier und der König schwärmt leidenschaftlich für Händels Musik. Offensichtlich hat der König bereits Concerti, Chorwerke und verschiedene Oratorien in den „Academiens of Ancient Music, im Haymarket oder im „Covent Garden Theatre“ in London gehört haben. Der Kleine Mozart war nämlich nicht das einzige Wunderkind, das auf englischen Boden konzertierte. So beauftragt er den Jungen, Händelsche Kompositionen vom Blatt zuspielen und zu einem Baß von Händel eine Melodie zu komponieren. W. A. Mozart erfüllt ihm den Wunsch.
Am 27. April 1764 geben Nannerl und Wolfgang ihr erstes Konzert. Am 19. Mai gibt W. A. Mozart ein Konzert bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung im berühmten „Ranelagh-Saal“. Er präsentiert sich an der Orgel, am Cembalo und an der Violine und begleitet sogar die Königin und einen Flötisten. Auch deutschsprachige Musiker waren unter den Gästen, so der große Komponist und Virtuose Johann Christian Bach, Sohn des Sebastian Bach. W. A. Mozart eignete sich im Sommer 1764, während einer schweren Krankheit seines Vaters Leopold Mozart, Bachs Stil an.
Weitere öffentliche Konzerte folgen im „Great Room“ in Spring Garden und im kleinen Haymarket-Theater. Ein Konzert am 5 Juli bringt der Familie stolze 100 Guineen ein. Die Mozarts bewegen sich während ihres Aufenthaltes in den höchsten Musikkreisen. Am 25. Oktober findet abermals ein Hofkonzert statt. Doch ein Rückgang des großen Erfolgs vom Frühjahr des selben Jahres machte sich bereits bemerkbar. Politische Unstimmigkeiten drücken auch auf das Musikleben.
Leopold Mozart will aber noch nicht aufgeben. Die Verdienstmöglichkeit in England reizen ihn sehr. So kommt er auf den absurden Gedanken, das Publikum für ein weiteres Konzert zu sich nach Hause zu laden und kündete diese Idee groß an. (Link) Doch so überschwänglich die Begeisterung für die Kinder auch war, so finden sich dennoch einige Skeptiker unter den Musikbegeisterten, die die Fähigkeiten besonders des kleinen Jungen anzweifeln.
Ein wertvolles Zeugnis über Wolfgangs Fähigkeiten im Improvisieren ist als Dokument im „Philosophical Transactions“ der Royal Society, Band 40, Jahrgang 1770 erhalten, geprüft von Daines Barrington, einem Rechtsgelehrten, Richter und Naturforscher. Daines Barrington nimmt Leopold Mozarts Behauptungen über seinen Sohn genauer unter die Lupe und läßt sich vom Grafen Haslang eine Abschrift des Geburtenbuches von Wolfgang Amadeus beschaffen. Leopold Mozart bietet Barrington an, seinen Sohn doch im privaten Rahmen zu mustern. W. A. Mozart ist zu dieser Zeit gerade 8 1/2 Jahre alt. Das Zeugnis erbringt er im Juni 1765. Leopold kam diese Prüfung sehr gelegen, da er mit der äußerst positiven Beurteilung beim Britischen Museum vorsprechen kann und diesem ein Manuskript überreicht, das die erste Vokalkomposition, die vierstimmige Motette „God is our Refuge“ KV 20, enthält. Wolfgang hat sie im barocken Stil der anglikanischen Kirchenmusik geschrieben. Außerdem läßt Leopold Mozart nun mit Stolz die sechs Sonaten für Klavier und Violine KV 10 bis 15 als „Opus 3“veröffentlichen, die der Knabe der Königin Charlotte widmete. Die Königin bezahlte dafür den stolzen Preis von 50 Guineen.
Der kurze Aufenthalt in London verlängert sich auf 18 Monate. Das Angebot an musikalischen Attraktionen ist zu vielfältig. Doch die Pflicht aus Salzburg ruft. Der geduldige Erzbischof Schrattenbach forderte eine baldige Heimkehr.
Am 24 Juli 1765 verläßt die Familie Mozart London, verbringt einen Tag in Canterbury und folgt dann einer Einladung von Sir Horace Manns, wo sie für eine Woche bleiben.