Kommunalpolitisches Forum lehnt Vertriebenendenkmal ab.

Der Bund der Vertriebenen (BdV) will sich ein Denkmal setzen. Im Frühjahr 2005 stellte er einen Entwurf für ein Denkmal an die Vertreibung aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten der Öffentlichkeit vor. Eine Skulptur, die eine Mutter mit zwei Kindern auf der Flucht darstellt, sollte auf dem Cäcilienplatz errichtet werden. Der BdV will die Kosten übernehmen, die Stadt Oldenburg soll das Grundstück zur Verfügung stellen. Eine Mutter auf der Flucht, wo ist eigentlich der Vater währenddessen?

In der Debatte wurde zum einen der bisherige künstlerische Entwurf, zum anderen der Standort kritisiert. So sei auf dem Cäcilienplatz ein Teil des Abbruchschutts der Oldenburger Synagoge vergraben, dann wurde der Bahnhofsvorplatz vorgeschlagen, der geriet aber auch wieder in die Kritik, sind doch von dort Oldenburger Jüdinnen und Juden deportiert worden.

Nun ist man weiter auf der Suche nach einem geeigneten Standort.

Es mutet fast unfreiwillig komisch an, wenn über Bauboden diskutiert wird, wo es um den blutigen Zusammenhang zwischen dem Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden und der Aussiedlung der Deutschen aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien usw. geht. Man möchte fast empfehlen hier Blut und Boden mal wieder zusammenzudenken. Nicht der Ort eines solchen Denkmals ist so unpassend, sondern seine inhaltliche Ausrichtung.

Dass es zu einer solchen peinlichen Standortsuche überhaupt kommt, liegt nicht zuletzt am Bund der Vertriebenen selbst. In seinem so genannten Grundgesetz, der "Charta der Heimatvertrieben" vom August 1950, erklärt der BdV die Heimatvertriebenen zu den Hauptleidtragenden des Zweiten Weltkriegs und meint damit im Wesentlichen sich selbst, andere Leidtragende benennt er erst gar nicht. Vom Zweiten Weltkrieg schreibt die Charta als "unendliches Leid, welches insbesondere das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat." Es war nicht das Jahrzehnt, sondern wohl eher Deutsche Wehrmacht und SS. Das schreibt der Bund der Vertriebenen allerdings nicht. Sonst wäre auch ihm wahrscheinlich aufgefallen, dass "der Verzicht auf Rache und Vergeltung", von dem im selben Absatz die Rede ist, wohl eher eine Sache der anderen gewesen war. Weiter unten heißt es: "Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden." Auch hier wieder nur das "Leid der Zeit", der Zweite Weltkrieg als Tsunami, Täter sind für den BdV einfach nicht erkenbar. Das eigene Leiden wird in den Mittelpunkt gestellt, andere mögen auch irgendwie gelitten haben, die deutschen Heimatvertrieben aber, weiß der BdV, natürlich am allermeisten. Dass den Völkern der Welt ihre Mitverantwortung am Überfall der Deutschen Wehrmacht und dessen Folgen nicht so ganz einleuchtete, überraschte den BdV hoffentlich nicht allzu sehr. Ursachen und Zusammenhänge waren ihm doch sehr präsent gewesen. Auch dass es im Zweiten Weltkrieg Tote gab, kommt in der Charta nur sehr indirekt zum Ausdruck. "Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat zu trennen, bedeutet, ihn im Geiste zu töten." Dem Töten im Geiste, wie der BdV sagt, ging aber ein reales, millionenfaches Töten von Polen voraus. Das benennt der BdV wiederum nicht. Diese bewusste Ignoranz in der Benennung von Tätern, hatte sie ja genug davon in der eigenen Mitgliedschaft, Selbstmitleid und ausschließliche Darstellung als Opfer prägte die Politik der Vertriebenenverbände.

Mit der Forderung nach einem Denkmal, hat der BdV sich durchgesetzt. Der Kulturausschuss der Stadt Oldenburg hat im April 2005 mit den Stimmen aller Fraktionen - mit Ausnahme der PDS - ein Denkmal befürwortet. Ein Vertreter der SPD-Fraktion im Kulturausschuss, Alfred Nehring, schlägt vor, den Jahretag der Charta der Heimatvertriebenen am 5. August 2006 als Termin zur Einweihung des Denkmals anzustreben.

Falsch bleibt das Denkmal trotz der großen Mehrheit:

Ein Denkmal müsste unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Ausweisung der Deutschen zwar ein individuell hart zu tragendes Schicksal aber kein Unrecht darstellt, da sie auf dem Postdamer Abkommen als Völkerrecht beruht. Anders kann das Denkmal nicht den Anspruch erheben, ein Versuch der Versöhnung zu sein.

Wenn Flucht in einer Kriegssituation aus dem historischen und politischen Zusammenhang genommen und zu etwas allgemein Menschlichem verkitscht wird, gibt es keine Möglichkeit aus solch einer Darstellung tatsächlich etwas über das konkrete Ereignis zu lernen. Krieg wird damit quasi einer Naturkatastrophe gleichgesetzt.

Dem Zurückweichen der Zivilbevölkerung vor der Roten Armee und den Ausweisungen aufgrund des Potsdamer Abkommen ging ein rassistischer Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen Polen und die Sowjetunion voraus. Wer das nicht darstellt, instrumentalisiert das Leiden deutscher Zivilbevölkerung für eine Politik der Verdrängung und Ausblendung einer verbrecherischen Expansionspolitik.

Das Herausgreifen der „Flucht deutscher Zivilisten“ aus dem Zusammenhang des Zweiten Weltkriegs und die Verknüpfung mit der Aussage "Alle haben irgendwie gelitten, aber gut das 45.000 in Oldenburg ein neues Zuhause gefunden haben. Danke schön." verleugnet politische Verantwortung und versteckt die Täter hinter den Opfern.

Eine Mitgliedsorganisation im Bund der Vertriebenen, die Sudetendeutsche Landsmannschaft, zählte bei ihrer Gründung viele ehemalige Mitglieder der nationalsozialistischen Henlein-Partei zu ihren Funktionären. Diese Funktionären betrieben in den 30er Jahren unter der Parole "Heim ins Reich" eine Poltik der Abtrennung des sogenannten Sudetenlandes von der Tschechoslowakei. Die Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht, feierten sie als „Zerschlagung der Resttschechei“. Eine Organisation, die sich bis heute nicht klar von einer solchen Politik distanzieren will, die zur Zerstörung der tschechoslowakischen Republik geführt hat, kann doch nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen wollen, für eine Versöhnung zwischen Deutschen und den slawischen Nachbarn einzutreten.

Für ein Denkmal, das in seiner Aussage bloß auf nationalistisches Selbstmitleid hinausläuft, gibt es in Oldenburg kein Platz.

Wenn es also darum geht der Ignoranz ein Denkmal zu setzen. Ein Vorschlag zur Güte:

Eine schmucke Primeln- und Tulpenrabatte mit dem Schild: "Wir hatten doch immer nur das beste gewollt und unsere Vorgärten immer in Ordnung, trotzdem mussten wir da weg. Das verstehen wir bis heute nicht."

VertriebenenDenkmal (zuletzt geändert am 2007-11-01 17:25:43 durch localhost)